Die stillste Zeit im Jahr wird heuer stiller als sonst. Das steht außer Zweifel. Die Einladungen, die viele von uns sonst gegen Jahresende in Atem halten, fallen Corona-bedingt weg. Auch die Freunde, mit denen man sich zum alljährlichen Punsch verabredet, müssen weiter warten. Und sogar Familienfeiern und die oft üblichen Besuchstouren bei Verwandten sind nur eingeschränkt möglich. Warum also nicht die auferlegte Ruhe und die gewonnene Zeit zur Einkehr nutzen, um den eigenen Weg ein wenig zu hinterfragen? Denn Antworten oder Lösungen finden wir oft in uns selbst – auch für den Weg zur Führungspersönlichkeit.

Dass wir in einer Zeit leben, in der alles schneller, besser, exakter und erfolgreicher gehen muss, ist nichts Neues. Und selbst der Lockdown lässt uns nicht vergessen, wie schnell mittlerweile alles geworden ist. Ein Telefonat hier, eine Videokonferenz da, dazwischen noch schnell ein paar E-Mails beantworten. Ganz unterschwellig ist diese Schnelligkeit längst zum neuen Standard avanciert. Die Beschleunigung der Welt ist auch in der Führung von Menschen angekommen – nicht immer zum Vorteil der Beteiligten.

Ein Check hier, ein Tool dort – permanent gibt es neue Instrumente am Markt, mit denen die Führungsperformance einzelner Führungskräfte entwickelt und gestärkt werden soll. Dabei sollte es für Organisationen aber um mehr gehen als nur um die Entwicklung einzelner Individuen. Denn der Unternehmenserfolg wird weit mehr durch die Führungskultur als Ganzes beeinflusst. Es braucht eine Kultur, die es ermöglicht Außergewöhnliches zu erreichen. Und Führungskräfte, die gemeinsam und Schulter an Schulter an einem Strang ziehen und Spaß dabei haben, gemeinsam aus ihrer Komfortzone zu gehen. EinzelkämpferInnen haben wir ohnehin schon genug.

Wir vergessen oft das, was uns selbst Hollywood in jedem klassischen Aufstiegsmärchen à la »Karate Kid« oder »Rocky« zeigt, damit die Heldenreise einen möglichst großen Spannungsbogen hat: Man kann erst Gewinnerin bzw. Gewinner, Kämpferin bzw. Kämpfer, Wortführerin bzw. Wortführer, Anführerin bzw. Anführer sein, wenn man sich selbst entdeckt, verstanden und bezwungen hat. Wenn wir großes Glück haben, dann steht uns – wie auf der Leinwand – eine Meisterin bzw. ein Meister, eine Trainerin bzw. ein Trainer oder eine Mentorin oder ein Mentor zur Seite und hilft uns dabei, diesen wichtigen Schritt zu machen. In der Realität fern von Hollywood coachen wir uns meistens selbst. Doch das sollte niemanden entmutigen.

In 50 Tagen ist Neujahr. Für viele ist jetzt wieder die Zeit im Jahr gekommen, ein Resümee zu ziehen. Das große Zusammenzählen dessen, was heuer umgesetzt werden konnte und was nicht. Wir sind in vielen Belangen auf dieses Denken gedrillt. Wir denken in Quartalen, Jahresabschlüssen, Semestern oder Legislaturperioden. Längerfristig in die Zukunft zu denken, ist auf paradoxe Art und Weise noch immer irgendwie unsexy, weil man Erfolge lieber unmittelbar und persönlich einfährt. Wer weiß schon, ob man in ein paar Jahren noch in der gleichen Position ist wie jetzt oder ob gar jemand anderer die hart erarbeiteten Früchte des Erfolgs genießen wird?

Das Wort „Empathie“ ist zumindest im öffentlichen Sprachgebrauch ein Kind des 21. Jahrhunderts. In Bezug auf Führungskräfte hätte man vor 30 Jahren vielleicht gesagt, dass jemand „ein gutes Händchen für Menschen“ hat – auf gut Österreichisch ein „G´spür“. Doch eines hat sich nicht geändert: Unabhängig vom verwendeten Begriff suchen Unternehmen weltweit Menschen mit dem gewissen Etwas und meinen damit Führungskräfte, die anderen vermitteln, dass sie mehr sind als nur ein austauschbares Rädchen im System – nämlich unverwechselbare, unvergleichliche, einzigartige Menschen.

Schon klar, nicht alle Führungskräfte treten mit dem Charisma eines Indiana Jones auf und nicht zu allen würden uns Attribute wie »furchtlos« oder »tollkühn« einfallen. Und das muss es auch nicht! Gute Leader müssen nach außen hin keine Helden mimen. Sie müssen vor allem glaubwürdig, authentisch und handlungsstark sein. Trotzdem erfordert gute Führung klarerweise auch Mut, etwa sich Konflikten unmittelbar – oder zumindest zeitgerecht – zu stellen. Tatsächlich aber ist konfliktscheues Verhalten (nicht zu verwechseln mit bedachtem, überlegten Vorgehen) ein weitverbreitetes Problem unter Führungskräften. Die Wahrheit ist aber: Ohne Konflikte geht es nicht!

Bei einem Blog mit dieser (bewusst provokant) formulierten Headline kann man sich eines gewiss sein: Niemand wird sich als „Titelfigur“ angesprochen fühlen und niemand wird sich durch Empörung outen, da man sich ja dann selbst ins Abseits stellt.
Und gleichzeitig ist das schon eine der wichtigsten Antworten auf die Frage in der Überschrift…

Im Zuge der Vorstellung unseres neuen Buches über Führungsinstinkt wurde meinem Mitautor Marco Seltenreich und mir immer wieder die Frage gestellt, an welche Zielgruppe sich das Buch denn eigentlich richtet. Dann liegt einem schnell die Antwort auf der Zunge, dass das Thema primär auf Manager, Vorstände – oder kurz: „die Wirtschaft“ – abzielt. Doch mit ein wenig…

Auf der Karriereleiter geht es nur nach oben. Und: It´s lonely at the top. Wir alle kennen die unzähligen Klischees, die mit einem Aufstieg in Unternehmen assoziiert werden. Dies ist mit ein Grund, warum wir sehr leicht etwas in Kauf nehmen, das gar nicht so optimal ist bzw. auch sehr leicht etwas glauben, was so gar nicht der Realität entspricht. Wie oft haben Sie von einem Vorgesetzten schon gehört, dass „meine Tür jederzeit für Sie offen steht“ – nur um dann das Gegenteil zu erleben, weil der Terminkalender laut seinem/ihrem Vorzimmer einen Termin „frühestens in drei Monaten“ zulässt.